Marcello ist extra aus Buenos Aires angereist. „Das lohnt sich nicht wirklich, denn man findet hier nicht immer Etwas“, räumt der Argentinier ein, der auf der Suche nach südamerikanischen Motiven ist. Doch bei der 100. Stuttgarter Ansichtskartenmesse, die am Samstag in der Liederhalle stattfand, wollte er einfach dabei sein. „Wir sind hier nämlich so etwas wie eine große Familie“, erklärt Organisator Fritz Keller. 85 Aussteller aus dem In- und Ausland haben ihre Stände im Foyer des Beethovensaals aufgebaut - Keller kennt sie alle. Und auch den Großteil der etwa 800 Besucher begrüßt er namentlich - die meisten sind seit Jahren regelmäßig dabei. Seit 1979 findet die Börse nun schon statt - damals noch im Gustav-Siegle-Haus mit 15 Händlern und 70 Besuchern. Mittlerweile hat sie sich zu einem Mekka aller Sammler entwickelt, die auf der Suche nach Raritäten aus Papier sind. „Sogar die Schauspielerin Maria Schell war eine Stammkundin auf der Stuttgarter Ansichtskartenmesse“, berichtet Antiquar Keller.

Über Reihen von Kisten gebeugt oder in dicken Alben blätternd stehen oder sitzen überwiegend ältere Herren. Die Welt um sich herum vergessend, schauen sie mit geschultem Blick eine historische Karte nach der anderen an, sortieren ihre Favoriten aus: gemalte Landschaften, Fotografien, illustrierte Grüße aus den entlegendsten Winkeln der Welt. Das Sammeln von alten Ansichtskarten sei wohl ein typisches Männerhobby, meint Keller, der selbst dieser Leidenschaft erlegen ist. Seit fast 30 Jahren schon trägt er Ansichtskarten zusammen. „Ich habe die größte und schönste Sammlung von Stuttgart und seinen Vororten“, ist er überzeugt. Angefangen habe alles mit zwölf Alben, die ihm sein Großvater vermacht hatte. Einen Teil der Karten verkaufte der damals 19-Jährige auf dem Flohmarkt, die Motive seiner Heimatstadt aber gab er nicht her. Das macht wohl die Faszination aus: „Vielen geht es um Erinnerungen an die Heimat.“ Ansichtskarten kleiner Ortschaften stehen daher hoch im Kurs, können in gutem Zustand zehn oder mehr Euro pro Stück bringen. Besonders teurer, so Keller, seien Künstlerkarten - Bauhaus oder Wiener Schule. Die brächten es schon mal auf 500 bis 1000 Euro. „Aber es gibt auch schöne Sachen für einen Euro.“

Ein junger Norweger hält einen dicken Stapel Karten in der Hand und zeigt seine „Beute“ stolz Fritz Keller. Der „Gruß aus Stavanger“ sei „superschön“ attestiert ihm der Experte und freut sich mit ihm über ein besonderes Schnäppchen: Die nordische Eislandschaft in Schwarz-Weiß hat fünf Euro gekostet, durch einen Nummernstempel auf der Briefmarke aber ist sie ein Vielfaches wertvoller. Verkaufen will er sie dennoch nicht - das Geschäftemachen steht bei den wenigsten Sammlern im Vordergrund. „Die tausche ich ein.“ Gelegenheit dazu gibt es am 27. September bei der nächsten Ansichtskartenbörse in der Liederhalle.
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