31. Mai 2008 Am Rohmerplatz im Frankfurter Stadtteil Bockenheim steht ein Relikt aus gar nicht allzu grauer Vorzeit. Ein Postamt. In eisernen Lettern steht das über dem arkadenförmigen Eingang des alten Gebäudes geschrieben. Drinnen findet der Kunde alles, was die
Post so zu bieten hat. An mehreren Schaltern können Briefe, Päckchen und Einschreiben aufgegeben, alles rund ums Versenden kann gekauft werden, eine Reihe von Postfächern steht bereit. In einer Milchglasbox können sich Postbank-Kunden zum Hauskredit beraten lassen, und vor der Tür findet sich sogar noch eine Telefonzelle. Hier ist die
Post noch, was sie einmal war, in der guten alten Zeit, wie einige vielleicht hinzufügen würden.
Doch dass diese Zeit längst Vergangenheit ist, lässt schon der Name über dem Eingang erkennen. Seit fast 20 Jahren ist die
Post keine Behörde mehr, agiert rechtlich getrennt von der Telekom und weitgehend auch von der Postbank. Der Begriff Postamt ist jenseits der Nostalgie längst durch Filiale ersetzt worden. Und auch die Filiale selbst, wie es sie am Rohmerplatz noch gibt, muss mehr und mehr neuen Modellen weichen. Von den rund 13 500
Post-Filialen in Deutschland werden nach Angaben des Unternehmens nur noch 750 von der Deutschen
Post AG selbst betrieben, hinzu kommen etwa 850 Postbank-Finanzcenter. Der allergrößte Teil der
Post-Niederlassungen wird inzwischen wie bei einem Franchiseunternehmen geführt, bis 2011 sollen es alle sein.
In „Thommis Lotto-Laden“ gibt es auch Briefmarken zu kaufen
Das häufigste Modell ist die sogenannte Partner-Filiale, wie sie derzeit auch im Frankfurter Stadtteil Oberrad entsteht. Zum 23. Juni wird die dortige Postfiliale an der Offenbacher Landstraße geschlossen. Vom Tag darauf an nimmt dann Thomas Körbel Briefe und Pakete an. In „Thommis Lotto-Laden“ nur ein paar hundert Meter die Straße hinauf gibt es dann nicht nur Zeitschriften, Lottoscheine und Geschenkartikel, sondern auch Briefmarken und vorfrankierte Umschläge zu kaufen. Und auch die Standardprodukte der Postbank soll man in dem Gemischtwarenladen dann erhalten. Bevor es losgeht, werden die Mitarbeiter des Ladens noch im Postgeschäft geschult, außerdem müssen sie nach Angaben eines
Post-Sprechers einen Eid auf das Postfernmeldegesetz ablegen, dass sie sich auch ja an das Briefgeheimnis halten und nicht verraten, welcher Kunde wie viel Geld auf seinem Sparbuch liegen hat.
In Frankfurt werden nach Angaben des
Post-Sprechers inzwischen 25 der 67 Filialen von Partnern betrieben. An drei weiteren Orten werde derzeit geprüft, ob es sich noch rechne, die Niederlassung selbst zu führen: im Ostend an der Bärenstraße, in Niederrad an der Rennbahnstraße und an der Griesheimer Hartmannsweiler Straße.
In dem Stadtteil im Südwesten ist man auf die
Post inzwischen gar nicht mehr gut zu sprechen. Karl-Heinz Maier leitet hier einen Krankenpflegedienst und beklagt, dass der Service der
Post „systematisch runtergefahren“ werde. Immer wieder würden die Öffnungszeiten nicht eingehalten, teilweise sei die Filiale tagelang geschlossen. Er selbst sei davon betroffen, weil er beispielsweise wichtige
Post von Ärzten in der Zeit nicht aus dem Schließfach holen könne. Viele der älteren Menschen, die er betreut, würden zudem darüber klagen, dass der Postbankschalter vor einigen Jahren aus der Filiale entfernt worden sei. „Die können jetzt nicht mehr ihre Rente selbst abholen.“ Maier ist auch Beisitzer im Gewerbeverein Griesheim und geht davon aus, dass die
Post so bald keinen Einzelhändler als Partner finden werde. „Der würde wahrscheinlich gesteinigt“, weil er für die endgültige Schließung verantwortlich gemacht würde. Denn solange die
Post keinen Partner findet, so das Kalkül, kann sie sich auch nicht aus Griesheim zurückziehen. Schließlich muss das Unternehmen auch nach dem Wegfall des Briefmonopols noch die Grundversorgung sichern, jeder Einwohner einer Ortschaft mit mehr als 4000 Bewohnern muss zum Beispiel innerhalb von 2000 Metern Postdienstleistungen erreichen können.
Der
Post-Sprecher zeigt für die Skepsis der Kundschaft Verständnis
Der
Post-Sprecher zeigt für die Skepsis der Kundschaft Verständnis, auch wenn sie unbegründet sei, da letztlich Partner-Filialen das gleiche Angebot hätten und in vielen Fällen sogar längere Öffnungszeiten böten. „Die
Post gehört für viele zum Dorf wie der Bäcker oder die Kirche“, sagt er. Aber die Gefühlslage und die tatsächlichen Kundenströme gingen in der Realität auseinander. „Was die Kunden heute im Internet oder per Telefon erledigen, geht uns an der
Post-Theke verloren.“ Deswegen untersuche das Unternehmen bei jeder Filiale genau, wie die Betriebsdaten seien, wie die Kundenstruktur, wie die Zukunftsaussichten. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, versuche die
Post, an jedem Standort nur das anzubieten, was auch nachgefragt werde.
Die einstige Behörde ist schließlich seit Jahren eine Aktiengesellschaft und steht im Wettbewerb mit einer Reihe anderer Logistikunternehmen. Der Paketversender Hermes zum Beispiel nimmt bereits in rund 60 Geschäften in Frankfurt, vom Kiosk bis zur Reinigung, Pakete an. In Griesheim hat der Paketdienst mit dem blauen Flügel laut Maier schon gewonnen. Er höre von immer mehr Leuten, dass sie ihr Paket lieber in der Reinigung abgäben, als zur Postfiliale zu gehen und festzustellen, dass sie geschlossen sei.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: ddp
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