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 70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau

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70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau Empty
BeitragThema: 70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau   70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau EmptySa März 07, 2009 1:07 pm

70 Jahre Lokalausgaben Mährisch-Ostrau
- Ein Stück europäische Geschichte -


Mährisch-Ostrau liegt im Dreiländereck Tschechien, Polen und der Slowakei zwischen den Gebirgszügen der Sudeten und Karpaten am sogenannten Ausgang der Mährischen Pforte. Die Stadt Mährisch-Ostrau war ein bedeutender Industriestandort der Tschechoslowakei.

70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau 111

Historie

Die Tschechoslowakei wurde nach dem Ersten Weltkrieg von den Siegermächten zu einem künstlichen Konstrukt zusammengefügt, bestehend aus Landesteilen und Bevölkerung, die vormals österreichisch, ungarisch, deutsch, polnisch und ukrainisch waren. Das willkürliche Zusammenfügen unterschiedlicher ethnischer Völker erwies sich als problematisch und trug bereits bei der Staatsgründung Sprengsatz in sich. Der Name Tschechoslowakei verschleierte zudem, dass in diesem Staat die größten Volksgruppen Tschechen und Sudetendeutsche waren und nicht Tschechen und Slowaken.

Die Abspaltung des Sudetenlandes im Herbst 1938 und die Eingliederung in das Deutsche Reich lösten diese Probleme nicht. Den Slowaken, Ungarn, Polen und Ruthenen (Ukrainer) wurden in 1919 ebenfalls eigene Rechte zugesprochen, die sie nun – wie die Sudetendeutschen seiner Zeit - innenpolitisch forderten.

Druck von außen kam hinzu: Polen forderte im Okt. 1938 Grenzgebiete von der Tschechoslowakei. Ungarische Ansprüche folgten im März 1939. Polen und Ungarn strebten nach einer gemeinsamen Grenze, um dem expansionistischen Deutschen Reich den Weg nach Südosteuropa zu versperren. Ungarn besetzte Ruthenien und wollte die Slowakei zu seinem Protektorat machen. Dies hätte Hitlers Plan vom „Lebensraum im Osten“ behindert. Hitler wollte deshalb Polen und Ungarn zuvor kommen. Am 12. März 1939 beschloss er, die Tschechei zu besetzen. Am 14. März 1939 sicherten Deutsche Verbände Mährisch-Ostrau vor polnischem Zugriff. Weitere Truppenverbände sollten am 15. März 1939 folgen. Der Einmarsch in die restlichen Gebiete war für 6:00 Uhr morgens geplant.

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Nationalistische Kräfte der Slowakei nutzten ebenfalls die ernste innenpolitische Lage und strebten die Unabhängigkeit an. Seit dem Münchner Abkommen wurde die Tschecho-Slowakei meist nur noch mit Bindestrich getrennt geschrieben. Ebenfalls am 14. März 1939 rief das slowakische Parlament die Unabhängigkeit aus. Die slowakische Regierung bat Hitler unverzüglich, die Schutzherrschaft über ihren neuen Staat zu übernehmen. Die Slowakei wurde Vasallenstaat des Deutschen Reiches. Am selben Tag löste sich auch die Karpato-Ukraine aus der Tschecho-Slowakei und wurde unmittelbar von Ungarn annektiert.
Der Vielvölkerstaat Tschecho-Slowakei brach auseinander. England und Frankreich hatten der Tschechoslowakei eine Bestandsgarantie gegeben. Da sich der Staat jedoch selbst von innen heraus auflöste, sahen sie keine Veranlassung einzugreifen.

In dieser schwierigen Situation wollte Staatspräsident Dr. Emil Hacha retten was zu retten war. Er fuhr am 14.3.1939 mit dem Zug nach Berlin um „das Schicksal der Tschechen in die Hände des Führers zu legen“. Die Würfel waren aber bereits am 12.03.1939 gefallen. Abends bei Ankunft am Bahnhof in Berlin informierte der tschechische Botschafter Dr. Hacha, dass deutsche Truppen in Mährisch-Ostrau auf tschechisches Territorium vorgedrungen wären. Um Blutvergießen zu vermeiden blieb Dr. Hacha nichts anderes übrig, als die Rest-Tschechei am 15. März 1939 unter deutsche Protektion zu stellen. Das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren wurde deutsches Besatzungsgebiet von 1939 bis 1945. Dr. Emil Hacha blieb Präsident des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren, hatte politisch jedoch so gut wie keinen Einfluss.


Philatelistische Aspekte

Der Zerfall der Tschechoslowakei begann mit der Abtretung des Sudetenlandes und wurde mit den amtlichen Ausgaben des Sudetenlandes philatelistisch dokumentiert. Diese Entwicklung setzte sich nun fort und wurde philatelistisch belegt durch die Ausgaben von Mährisch-Ostrau sowie später durch die Briefmarken des Protektorates Böhmen und Mähren.

Durch die geographische Nähe aber auch auf Grund der ähnlichen Art der Aufdrucke werden die Ausgaben von Mährisch-Ostrau oft mit den Ausgaben des Sudetenlandes verwechselt. Die Entstehung der Mährisch-Ostrau-Ausgaben ist jedoch zeitlich versetzt und die Herstellungsbedingungen waren völlig anders:

Im Gegensatz zu den 6 amtlichen Sudetenlandausgaben wurden die Ausgaben von Mährisch-Ostrau vom Philatelistischen-Verband vorbereitet und ohne Gefahrensituation mit Genehmigung des Postüberleitungsvorstandes (amtliche Legitimation) am Schalter mit voller Freimachungskraft an Jedermann zum Nominalpreis verausgabt. Während die sechs amtlichen sudetendeutschen Überdruckausgaben in allerhöchster Gefahr (Sudetenlandkrise) und in großer Eile hergestellt wurden, entstanden die Briefmarken von Mährisch-Ostrau erst nach planmäßiger Besetzung Böhmen und Mährens. Die Besetzung wurde in den Verträgen von Berlin und Berchtesgaden zwischen Deutschland (Adolf Hitler) und der Rest-Tschechei (Dr. Emil Hacha) vereinbart. Einen Freikorps bzw. eine Interimsexekutive wie beim Sudetenland gab es nicht. Die Briefmarken von Mährisch-Ostrau sind deshalb amtliche Vorläufer des Protektorates „Böhmen und Mähren“.

Während bei den Sudetenland-Ausgaben beim Verkauf am Postschalter weder alle überdruckten Briefmarkensorten noch deren entgültige Auflage bekannt waren (im Sudetenland wurden laufend angelieferte Marken - teils mit Handstempeln - überdruckt und verausgabt), verlief der Überdruck der Ausgaben von Mährisch-Ostrau planmäßig im Buchdruckverfahren.

Im Hinblick auf die Schönheit und Exaktheit des Überdruckes, handelt es sich wohl um den gelungensten und klarsten Überdruck. Abarten und Fehldrucke sind (mit Ausnahme der unterschiedlichen Drucktypen und der Stellung des Hakenkreuzes „geneigtes HK“) nicht bekannt.

Ob es je eine Feldpoststelle Mährisch-Ostrau gab, die Marken mit ähnlichen Gummi-Handstempel-Aufdrucken verausgabte, konnte bis heute nicht nachgewiesen werden.

Die Auflagen der amtlichen im Buchdruck hergestellten Überdruckmarken sind sehr gering. Nach Indra betragen die Auflagen nur zwischen 20 und 3.000 Stück. Hinzu kommt, dass nach dem Einmarsch der Russen und Übernahme der Verwaltung durch die Tschechen im Jahre 1945, alle Einwohner von Mährisch-Ostrau öffentlich und unter Strafandrohung aufgefordert wurden, diese Überdrucke zur Vernichtung bei den Behörden abzuliefern. Diese Aufforderung wurde wohl streng befolgt, da nach Berichten von Sammlern, in der Tschechoslowakei nach dem Krieg so gut wie keine Marken von Mährisch-Ostrau zu bekommen waren.

70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau 510

Die Briefmarken von Mährisch-Ostrau wurden nur an 3 Tagen (vom 16. – 18.3.1939) am Postschalter verausgabt. Echt gelaufene Belege sind demnach selten. Wie viele Marken bei der ursprünglich geringen Auflage heute noch existieren, lässt sich nur erahnen.

Auf Grund der Aufdrucke mit provokativem Hoheitszeichen wurden diese Marken nach dem Zweiten Weltkrieg – analog Sudetenland-Briefmarken – lange Zeit vernachlässigt, um nicht zu sagen verpönt. Doch Jahrzehnte sind vergangen und mit dem nötigen zeitlichen Abstand beginnen immer mehr Sammler sich mit diesen Marken sachlich auseinander zu setzen und begreifen, was diese Ausgaben eigentlich sind: historische Zeitdokumente mit äußerst niedrigen Auflagen.

Die Zeit schreitet voran, ein vereintes Europa entwickelt sich. Diese seltenen Ausgaben werden immer ihren historischen Platz als Mosaikstein in der europäischen Geschichte haben. Um so mehr verwundert, dass diese seltenen Briefmarken heutzutage noch zu äußerst moderaten Preisen zu haben sind. Eine ähnlich stürmische Nachfrage- und Preisentwicklung wie bei Sudetenland-Briefmarken ist unschwer vorherzusagen.

70 Jahre Briefmarken von Mährisch-Ostrau 610

Nachfolgend sehen Sie einige Exponate von Mährisch-Ostrau. Weitere Exemplare finden Sie auf der Homepage des Autors unter http://sudetenphilatelie.piranho.com

Neu-Ulm, 07. März 2009
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